geschich­ten.

Wir glauben, dass jeder Mensch eine einzigartige Geschichte in sich trägt, die es Wert ist, erzählt zu werden. Geschichten, die das Leben schreibt, die Spuren hinterlassen und uns zu dem Menschen machen, der wir heute sind. Mit all unseren Facetten, Eigenarten, Erfolgen, Verletzungen und Träumen. Und wenn wir mutig sind und unsere Geschichten erzählen, können wir Spuren hinterlassen, bei den Menschen, denen wir begegnen. 

„Es war ein ganz normaler Tag. Ich war in einem Gebetshaus, dass ich zu der Zeit leitete und schlief auch dort. In dieser Nacht hatte ich einen Traum, in dem ich viele Kinder auf der Spitze eines Berges sah, die zu mir schrien: „Bitte komm und rette uns“. Ich antwortete den Kindern „Ich komme“ und fing an in Richtung des Berges zu schwimmen, denn die Umgebung hatte viel Wasser. Als ich in der Mitte schwamm, wurde ich müde und sagte den Kindern, dass ich nicht weiterschwimmen könne, denn das Wasser sei zu viel! Plötzlich hörte ich eine akustische Stimme, die sagte: „Geh und rette die Kinder!“  Dann verschwanden alle Kinder, die oben auf dem Berg waren, auf wundersame Weise vom Berg und sie waren bei mir, sie bildeten eine Reihe, um Nahrung zu erhalten. Ich erinnere mich, dass ich ihnen Brot und Milch gab. Dann hatte ich einen weiteren Traum, indem ich sogar einige Gesichter von Kindern sehr klar sehen konnte und auch Orte, wo sie sich aufhielten. Am nächsten Tag fuhr ich zu dem Ort, um die Details zu überprüfen und fand genau die Kinder, die ich im Traum gesehen hatte. Von diesem Tag an begann ich, dorthin zu gehen, um ihre Geschichten zu hören und zu erfahren, warum sie auf der Straße lebten. Es entstand eine Bindung, und sie begannen, mich zu ihren Familien zu bringen, während ich herausfand, wie und warum sie nicht bei ihren Familien lebten. Ich konnte das Trauma in ihren Gesichtern sehen. Heute lernen die meisten dieser Jungen im Nsansa village und streben danach, Großes zu erreichen. Ich glaube, dass Gott mir diese Träume geschenkt hat und er mir dadurch den Auftrag gegeben hat, für diese Kinder zu sorgen.“

-Jasper Mutale, Gründer von Nsansa village

„Kinder müssen beschützt, versorgt und geliebt werden. Leider sind in Sambia, einem Land mit unvorstellbarer Armut, viele Eltern nicht in der Lage, ihren Kindern das zu geben, was sie brauchen. Vor allem nicht die Eltern, die in den Slums leben. Deshalb müssen viele Kinder auf der Straße betteln gehen und versuchen, allein zu überleben. Ich sehe unsere Organisation als Vermittlerrolle zwischen den Kindern und den Eltern, wir wollen nach Lösungen suchen, dass Kinder wieder ihren Weg finden und sie darin unterstützen. Dabei lassen wir uns von Gott leiten.“

-Zion Mutale; Ehefrau von Jasper Mutale und Mitgründerin von Nsansa village

 

„Mein Name ist Mapalo. Was ich über meine Vergangenheit sagen kann, ist, dass ich kein gutes Zuhause hatte. Von meiner Familie habe ich keine Unterstützung bekommen und war auf mich allein gestellt. Deshalb bin ich irgendwann abgehauen und lebte für einige Zeit mit anderen Kindern auf der Straße. Pastor Jasper hat mich eines Tages abgeholt und seitdem lebe ich hier im Nsansa village. Ich bin jetzt in der 9. Klasse. Mein Traum für die Zukunft: ich möchte gerne anderen Kindern helfen, so wie Pastor Jasper mir geholfen hat.“

-Mapalo, 14 Jahre

„Warum wir den Kindern helfen? Als Sambinaer sind wir eine Gemeinschaft und somit sind die Probleme der Straßenkinder unsere Probleme und werden sie zu unserem Anliegen. Wir holen die Kinder von der Straße, um sie von Drogenmissbrauch, kriminellen Aktivitäten und Vergewaltigung fernzuhalten. Die Straßenkinder leben in der Kanalisation, sie leben auf der Straße, sie haben ihre Familien und ihr Zuhause verloren. Nsansa village hilft ihnen dabei, ihre Familien ausfindig zu machen, sie zu stärken, ihnen Mut zuzusprechen und die Kinder wieder mit ihren Familien zusammenzubringen.“

-Edson Sambaulu, Mitarbeiter im Nsansa village

„Ich musste mir Kokain in die Venen spritzen, um jedes Gefühl zu betäuben: Hunger, Kälte, Schmerz…“, so die Worte von Allan, einem der Jungen, die derzeit im Nsansa Village lebt. Im Alter von 13 Jahren wurde Allan von einem Gleichaltrigen dazu gebracht, auf der Straße um Almosen zu bitten. Nachdem er es geschafft hatte, mit einem Laib Brot nach Hause zu kommen, um seine sehr verarmte Familie zu ernähren, die kaum über die Runden kam, hatte Allan das Gefühl, dass er auf Gold gestoßen war. Ohne die Zustimmung seines Vaters wurde die Straße zu einem häufigen Aufenthaltsort für den Jungen. Als sein Vater von seinen Missetaten Wind bekam, wurde Allan bestraft und es wurde ihm verboten, sich auf den Straßen Lusakas herumzutreiben. Frustriert und wütend floh Allan und machte die Straße zu seinem Zuhause. Um seinen Aufenthalt auf der Straße etwas angenehmer zu gestalten, verrichtete Allan Gelegenheit-jobs wie das Waschen von Autos, um Geld für notwendige Dinge wie Decken zu verdienen. Doch schon bald geriet Allan unter den negativen Einfluss seiner Altersgenossen und begann Drogen zu konsumieren, um sich gegen die Kälte und Hunger zu schützen. Das Kokain verschaffte ihm ein Gefühl der Euphorie, das zu einer kurzzeitigen Abwesenheit jeglicher Gefühle führte. Doch schon bald war Allan süchtig. An einem Samstagnachmittag begegnete Allan einigen Mitarbeitern von Nsansa village und nahm an einem Gottesdienst teil. Der Junge blieb im Nsansa village und fühlte sich schnell zuhause und integriert. Allan geht wieder zur Schule und möchte bald eine Ausbildung beginnen. Sein Vater und seine Mutter besuchen ihn von Zeit zu Zeit und freuen sich darüber, dass ihr Kind gut versorgt ist.

-Allan, 17 Jahre

„Hallo, ich bin David und bin 16 Jahre alt. Ich bin von Zuhause weggelaufen, als meine Eltern gestorben sind. Von da an lebte ich auf der Straße bis ich Pastor Jasper kennenlernte. Jetzt lebe ich im Nsansa village. Ich bin sehr froh, dass ich hier sein darf, sonst könnte ich jetzt nicht lesen und schreiben, weil ich hier zur Schule gehen kann. Später möchte ich als Ingenieur arbeiten.“ 

-David, 16 Jahre

„Von meiner Zeit im Nsansa village ist mir ein Satz besonders in Erinnerung geblieben: „From trash to treasure.“ Vom Abfall zum Schatz. Wenn Pastor Jasper über die Straßenkinder spricht, benutzt er häufig diesen Satz. Er erklärte mir, dass viele Menschen in der Gesellschaft die Straßenkinder als wertlos oder als Last sehen, als Kriminelle oder Diebe. Umso faszinierender war für mich zu erleben, wie sehr die Kinder von dem Team geschätzt und geliebt werden. Mit den Kindern Zeit zu verbringen, war für mich eine große Freude. Wenn die Kinder singen, tanzen, miteinander herumalbern und ihre Augen leuchten, dann finde ich nichts treffender als die Aussage „from trash to treasure!! Die Kinder sind kostbare Diamanten!“

-Johanna, erlebt während eines Kurzeinsatzes.

„Mein Name ist Prince. Man nennt mich auch „the disciple“, weil ich Jesus nachfolge und mit meiner Musik Menschen zu Jesus führen möchte. Meine Mama ist gestorben, als ich noch sehr jung war und mein Vater konnte sich nicht um mich kümmern. Also kam ich zu Verwandten nach Lusaka, der Hauptstadt Sambias. Ich hatte dort zwar alles was ich zum Leben brauchte, aber was mir fehlte, waren Menschen, die es gut mit mir meinten. Ich habe in dieser Familie viel Gewalt erlebt und wurde im Gegensatz zu meinen Cousins und Cousinen vernachlässigt. In dieser Zeit habe ich einige Straßenkinder kennengelernt und ein Leben auf der Straße hörte sich für mich verlockend an, also schloss ich mich ihnen an. Das Leben auf der Straße war zwar taff, aber es fühlte sich besser an als bei meiner Tante zu leben. Die Straßenkinder wurden zu meiner Familie, wir teilten Geschichten und es tat gut zu hören, dass auch andere Kinder schlimme Dinge erlebt hatten. Insgesamt lebte ich 10 Jahre auf der Straße und in dieser Zeit konsumierte ich auch viele Drogen und Alkohol und verlor deswegen auch meinen Schulplatz. Eines Tages hörte ich von einer Organisation, die Straßenkindern mit Nahrung versorgten, das Team von Nsansa village. Sie erzählten uns, dass Gott einen Plan für unser Leben hat und das jeder Mensch Talente hat, die Gott gebrauchen möchte. Darüber wollte ich mehr wissen und ging regelmäßig zu den Straßeneinsätzen, die Nsansa village organisierte. Pastor Jasper und sein Team akzeptierten mich wie ich war und ermutigten mich immer wieder. Dies hat mir geholfen, mich zu verändern und an mich zu glauben. Ich entdeckte, dass ich musikalisch talentiert bin und durch meine Musik bei anderen Straßenkindern Einfluss habe. Durch meine Musik möchte ich meine Geschichte teilen, alles was ich auf der Straße erlebt habe, um anderen damit Hoffnung zu geben.“

-Prince; Rapper und Musiker

„Er kommt auf mich zugelaufen, die Plastikflasche mit dem Benzin zwischen die Zähne geklemmt, um unablässig daran schnüffeln zu können. Er hebt seine Hand, Zeige- und kleiner Finger ausgestreckt, Ring- und Mittelfinger gekrümmt. „Mach’ so.” Ich folge seinen Anweisungen. Mit einem leichten Stups berühren seine Fingerspitzen die meinen. Er schaut auf und lächelt mich an. „Das ist mein Zeichen für Liebe. Was ist dein Zeichen?“ Ich könnte anfangen zu weinen, so sehr berührt mich diese kleine Geste in dieser so hoffnungslos scheinenden Umgebung. Ich strecke meinen kleinen Finger in seine Richtung. „Mach’ so“, sage ich. Als sich unsere Finger ineinander verschränken, halte ich den Atem an. „Und das ist mein Zeichen für Freundschaft.“ Ein Strahlen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Ich kann nicht beschreiben, wie wertvoll dieser Moment für mich ist. Barnabas ist sein Name. Er sagt, er sei 12 Jahre alt. Wie lange er schon auf der Straße lebt, weiß er nicht mehr. „Seeeeehr lange“, sagt er und hält sich wieder die Flasche unter die Nase. Mit seinen glasigen Augen schaut er mich an und scheint gleichzeitig durch mich hindurch zu blicken. Die Drogen verschleiern seinen Blick. Mein Herz schmerzt. Warum darf er nicht einfach Kind sein? Warum muss er komplett für sich selbst sorgen, ums Überleben kämpfen, manchmal mehrere Tage ohne Essen? Ich lege meinen Arm um seine Schulter und er schmiegt sich näher an mich. Dieser Hilfeschrei nach Liebe! Dieser Junge braucht Liebe!“

-Magdalena, erlebt während eines Kurzeinsatzes.

Mein Name ist Mary, ich bin 26 Jahre alt und habe einen Bachelor-Abschluss in Entwicklungsökonomie. Ich wuchs als Doppelwaise auf und hatte kein Zuhause, sondern wurde von verschiedenen Verwandten und Freunden aufgezogen. Als ich in der dritten Klasse war, wurde meine Tante, die mich aufzog, schwer krank und konnte sich nicht mehr um mich kümmern, sodass ich in das Waisenhaus von Frau Mutale, die Frau von Pastor Jasper gebracht wurde. Mama Zion kümmerte sich um mich, als wäre ich ihr eigenes Kind. Sie gab mir Essen, Unterkunft und brachte mich zur Schule, bis meine Tante wieder auf den Beinen war und mich zurückbrachte. Ich denke immer, wenn Mama Zion sich in dieser Zeit nicht um mich gekümmert hätte, wäre ich auf der Straße gelandet, hätte Drogen konsumiert und wäre sexuell ausgebeutet worden. Mein Interesse an der Betreuung hilfsbedürftiger Kinder, wie z.B. verlassener Kinder, Waisen oder Straßenkinder, rührt von meinem Leben als Kind her: Ich zog von einem Ort zum anderen, hatte kein Zuhause, lebte bei völlig Fremden und hatte manchmal nichts zu Essen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man hungrig ist, aber nichts zu Essen hat, wenn man friert, aber keine warmen Sachen zum Zudecken hat, oder wenn man sich verloren fühlt, und ich möchte nicht, dass sich ein Kind so fühlt. Ich möchte, dass sich jedes Kind zu Hause fühlt, dass es zu Essen bekommt, dass es zur Schule gebracht wird oder eine Ausbildung erhält, dass es medizinisch versorgt wird, wenn es sich nicht gut fühlt, und dass es jemanden hat, mit dem es reden kann, wenn es seine Gefühle nicht versteht, während es durch die Veränderungen des Lebens geht.

-Mary; Mitarbeiterin im Nsansa village

Abraham war noch sehr jung, als sein Vater ihn, seine Mutter und seine kleine Schwester mit der Begründung verließ, er wolle ins Dorf gehen, um einen besseren Platz zu suchen und Landwirtschaft für seine Familie zu betreiben. Aber er kehrte nie zurück und änderte seine Telefonnummer. Abrahams Mutter, war nun eine alleinerziehende Mutter, die sich um ihre zwei Kinder kümmern musste. Sie begann einen Job als Friseurin und verwendete das wenige Geld, das sie verdiente, um ihre Kinder zu ernähren. Das Geld reichte nicht aus, um ihre Kinder zur Schule zu bringen und schon bald auch nicht mehr, um die Miete zu bezahlen. Die Familie zog zur Großmutter aufs Land, doch auch sie konnte nicht ausreichend für die Familie sorgen, sodass sie wieder weiterzogen. Nach einiger Zeit heiratete die Mutter wieder und bekam zwei weitere Kinder. Aber auch dieser Frieden hielt nicht lange an, denn Abrahams Mutter verlor ihren Job und die Dinge gingen wieder bergab. Sie wurden immer wieder aus dem Haus geworfen, weil sie sich die Miete nicht leisten konnten. Abraham zog mit seiner Mutter von einem Ort zum anderen, und diese Instabilität traumatisierte ihn. Er begann sein Verhalten zu ändern und wurde sehr auffällig, kam spät nach Hause, ging auf die Straße und lebte schließlich auf der Straße. Nach einiger Zeit wurde er von einem Mitarbeiter vom Nsansa village gefunden und lebt nun im Nsansa village.

-Abraham, 16 Jahre